Mein Thema in Presse und Medien
TV - Beitrag RTL "PUNKT 12" 16.7.2020
Platz da! DER TAGESSPIEGEL 13.5.2019
Anstatt umzuziehen, leben immer mehr Familien in Wohnungen, die zu klein für sie sind. Einrichtungsberaterin Anja Ring hilft ihnen.
Bevor Jürgen Rüstow und seine Freundin schlafen gehen, räumen sie einen Wäscheständer mit Kleidung beiseite und klettern auf ein Podest. Dort liegt ihr Bett, umzingelt von Regalen mit Ordnern und allerlei Kisten. Die Habseligkeiten anderswo verstauen können sie nicht. Die Familie teilt sich zu viert eine 3-Zimmer—Wohnung in Pankow, die kaum größer ist als 60 Quadratmeter. „Eigentlich bräuchten wir mehr Platz“, sagt Jürgen Rüstow. Doch ein Umzug wäre zu teuer, längst übersteigen die Preise bei Neuvermietungen in der Gegend das Budget der Familie. Deswegen rücken Jürgen Rüstow, seine Freundin und die Kinder zusammen, so wie viele Berliner aktuell. Hilfe bekommen sie dabei von Anja Ring. Die 48-Jährige ist Einrichtungsberaterin und heute bei Jürgen Rüstow zu Gast. Sie hat sich darauf spezialisiert, aus wenig Fläche viel…
Platz herauszuholen. Vor etwa eineinhalb Jahren hat sie die Nische für sich entdeckt, „nachdem in den Zeitungen immer öfter Geschichten über Wohnungsnot standen“, sagt sie.
Im Bad von Jürgen Rüstow schieben sich Eltern und Kinder zum Zähneputzen an der Waschmaschine vorbei. „Trotzdem wollen wir nicht umziehen“, sagt der 54-Jährige, der als Präventionscoach an Schulen arbeitet. Um die 500 Euro überweist er seinem Vermieter jeden Monat. „Für eine Vier-Zimmer-Wohnung zahlen Leute hier aber heute mindestens 1500 Euro“, sagt er. „Freunde sind nach Eberswalde gezogen.“ Diese Möglichkeit schließen Rüstow und seine Freundin wegen der weiten Wege zur Arbeit aus.
Das Paar sitzt mittlerweile mit Anja Ring im Kinderzimmer um einen Maltisch ihrer Tochter herum. Das Mädchen wird vier Jahre alt, ihre Schwester ist eineinhalb. In dem Raum sieht es rumpelig aus. Betten, Spielküche, Puppenhaus, Wickeltisch und Schränke stehen nebeneinander an die Wände gerückt. „Ständig stolpere ich über Boxen mit Spielzeug, es ist nicht wohnlich“, sagt Rüstow. Vor allem das Kinderzimmer will er heute verschönern, sein Schlafzimmer und den Wohnbereich stellt er hintenan.
Mit einem Laser vermisst Anja Ring im Kinderzimmer Wände und Möbelstücke. Auf dem Maltisch hat sie Transparentpapier ausgebreitet, daneben liegt eine Art Zollstock, ein Maßstab für unterwegs. „Wenn ich ein Zimmer betrete, gehe ich immer nach dem gleichen Prinzip vor“, erklärt sie; „Ich teile es nach Funktionen auf. In diesem Fall sind das Schlafen, Spielen und Wickeln. Jede Funktion bekommt eine Fläche im Zimmer zugewiesen.“ Auf einer Skizze entspricht das drei blauen Kringeln, zwischen denen sich eine rote Linie durchzieht: Sie weist einen intuitiven Weg, etwa zum Balkon oder zum Fenster.
„Haben Ihre Töchter unterschiedliche Rhythmen, macht die Kleine Mittagsschlaf, während die Große spielt?“‚ fragt Anja Ring die Eltern, und weiter: „Wie wäre es mit einer Nische nur für die Große? Was halten Sie davon, Schlafen und Spielen räumlich zu trennen? Kommen die beiden abends auch zur Ruhe, wenn sie sich angucken? Dann könnten wir die Betten über Eck stellen.“ Anja Ring hat gelernt, Vorschläge“ zu machen, ohne ihre Ideen aufzudrängen. Als Architektin hat sie Häuser designt, zehn Jahre arbeitete sie als Einrichtungsberaterin in einem Möbelhaus, bevor sie sich selbstständig machte. 180 Euro zahlen Kunden bei ihr für zwei Stunden Beratung und Zimmerentwürfe, danach 75 Euro für jede weitere Stunde.
Anja Ring merkt, dass ihr Angebot in Berlin einen Nerv trifft. Studien belegen, dass die Zahl der Umzüge innerhalb der Stadt seit Jahren sinkt. Auch die Wohnfläche pro Person verkleinert sich. Die jüngsten Zahlen des Amts für Statistik ergeben, dass jeder Berliner im Jahr 2016 im Schnitt 39,9 Quadratmeter bewohnte, einen Quadratmeter weniger als fünf Jahre zuvor. Am beengtesten leben demnach die Neuköllner, nämlich auf durchschnittlich 34,7 Quadratmetern, am großzügigsten die Menschen in Steglitz-Zehlendorf auf 44 Quadratmetern. Deutschlandweit ist der Trend umgekehrt: Die Fläche stieg zuletzt auf 46,5 Quadratmeter pro Kopf. Das liegt vor allem daran, dass immer mehr Menschen allein leben.
Manchmal fordern die Wohnverhältnisse in Berlin extreme Lösungen von Anja Ring. Sie erinnert sich an eine Alleinerziehende mit drei Kindern, für die sie eine Rückzugsnische mit Podest, Matratze und Leselampe in einer 80 Zentimeter breiten Speisekammer entwarf.
„Bei Eltern fällt mir auf, dass sie ihre Bedürfnisse schnell zugunsten ihrer Kinder
vergessen, wenn es wenig Platz gibt“, sagt sie. Ein Störfaktor, der besonders oft unterschätzt werde: Lärm. „Ein ruhiger Ort zum Alleinsein ist wichtig, Dauer- krach schlecht für die Gesundheit.“
Das vergessen auch Architekten oft, findet Ring. Schicke, offene Loftwohnungen seien ein Trend. „Aber sie sind unpraktisch, wenn eine Mutter auf der Couch fernsieht, ein Vater in der Küche telefoniert und ein Kleinkind bei offener Tür schlafen soll, damit die Eltern hören, wenn es schreit.“ Auch denkt Anja Ring zurück an eine Ein-Zimmer-Neubauwohnung mit großer Wohnküche und Kochinsel. „Wer braucht einen freistehenden Riesenherd, um nur für sich selbst zu kochen,“ wenn er dafür im Wohnbereich nicht einmal ein Sofa unterkriegt?“, fragt sie. Auf schlaue Grundrisse komme es in Zeiten von Wohnungsnot an. Ob Podeste oder versetzte Wände mit Nische für die Waschmaschine: Studentenwohnheime oder Tiny Houses machten es vor.
Im Kinderzimmer haben sich Jürgen Rüstow und seine Freundin inzwischen auf ein Regal geeinigt, das das lose Spielzeug aufnimmt und den Raum in Schlaf- und Spielbereich teilt. Es ist das einzige Stück, das die beiden neu kaufen werden, alle anderen Möbel rücken sie nur um. Die Betten stehen künftig über Eck, die Maltische einander gegenüber. Den unteren Teil der Wand will das Paar grün streichen, wie eine Wiese. Ein Rollo ersetzt Gardinen, die das Zimmer eng machen.
„Wichtig ist, dass Kunden sich auch trennen können“, sagt Ania Ring. „Das Gerümpel des Alltags belastet und wirft den Blick zurück, anstatt ihn in die Zukunft zu lenken.“ Ausmisten liege aber – auch seit dem Hype um das Ordnungsprinzip von Marie Kondo – zum Glück gerade im Trend.
Silvia Perdoni
Kleine Wohnungen ganz groß
Platz da! FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTGSZEITUNG 21.10.2018
In den Zeiten von Wohnungsmangel und steigenden Preisen bleiben viele lieber in den eigenen vier Wänden, auch wenn es eng wird. Mit ein paar Tricks lässt sich Stauraum schaffen.
Wer im Eigentum wohnt, könnte mit dem Vorschlaghammer für Durchzug sorgen. Mieter haben es nicht ganz so leicht, und zudem gilt: „ Wände und Türen schirmen gegen Lärm ab“, wie die Berliner Einrichtungsberaterin Anja Ring sagt. Die Architektin hat sich auf das gefühlte Vergrößern kleiner Räume spezialisiert. Ihre Kunden sind vor allem sich vergrößernde Familien, bei denen Fragen nach Ruhe und Privatsphäre an Bedeutung gewinnen. Offene Küchen beispielsweise können auch grundsätzlich zur Nervenprobe werden, etwa wenn Geschirrspülmaschine oder gar die Waschmaschine mit Ihren Arbeitsgeräuschen ein Telefonat im direkt angrenzenden Wohnbereich unmöglich machen. Für Ring beginnt die Lösung damit, die richtigen Fragen zu stellen. Für ihre Kunden…
zeichnet sie dazu in einen Wohnungsgrundriss Wege und Räume ein: Wege für Strecken und Routinen innerhalb einer Wohnung; Räume für einzelne Funktionen wie Schlafen oder Arbeiten. „Wenn man einen Grundriss so füllt, gibt es Bereiche, die frei bleiben – das ist der richtige Platz für Stauraum“, sagt Ring. Beim Blick in einzelne Zimmer rät sie dazu, losgelöst von Konventionen zu überlege: Wofür nutze ich diesen Raum – und wann? Könnte ich bestimmte Dinge besser in anderen Räumen erledigen? Wer ohnehin am liebsten mit dem Laptop auf dem Sofa arbeitet, braucht vielleicht gar keinen Schreibtisch. Der über drahtloses Internet verbundene Drucker wiederum kann zum Beispiel hinter einer Tür im Regal aufbewahrt werden – geöffnet wird die nur, wenn der Drucker seinen Einsatz hat. Gemeinsam mit ihren Kunden überlegt Ring zudem, welche Bereiche sich für eine Mehrfachnutzung anbieten: ein tagsüber verwaistes Elternschlafzimmer kann dem Kind nachmittags als Aufenthaltsort dienen.
Ring plant in der Regel direkt mit den Kunden vor Ort. So können beide Seiten unmittelbar reagieren und Vorschläge wirken lassen. „Ich bitte die Bewohner, sich dann auch einmal in eine Ecke zu setzen und zu schauen: Wie fühlt sich das? Wohin blicke ich?“ Bevor das konkrete Planen und das damit verbundene Umräumen beginnt, erinnert die Beraterin zudem an das für das Wohlbefinden wichtige Zusammenspiel von Ruhe und Kompaktheit, also freien und zugestellten Flächen.
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Sind diese grundsätzlichen Fragen geklärt, geht es an die kleinteiligen Lösungen – und hier gilt der Grundsatz „Funktion vor Dekor“: „Viele Kunden haben verschiedene Kommoden und Schränkchen, die zum Teil schön aussehen, aber in denen nicht wirklich etwas untergebracht werden kann“, sagt Ring. Sie empfiehlt einen Kompromiss: Kompakte, deckenhohe Schränke für das Verstauen, während ein schönes, altes Möbelstück an einen Platz verschoben wird, an dem es gut zur Geltung kommt. „So gibt es Stauraum und Platz zum Durchatmen zugleich.“
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Und wenn das Regal von der Stange nicht passt? Ein maßgeschneidertes Produkt vom Schreiner liefert sicher die eleganteste, aber auch kostenintensivste Lösung. Wer den Geldbeutel schonen möchte, kann in vielen Fällen zu einem Trick greifen und bei vorgefertigten Regalen, bei denen Außenwände und Böden kombiniert werden, die Böden im Baumarkt oder beim Tischler auf das gewünschte Maß stutzen lassen.
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(Aber) auf die Frage nach dem ersten Schritt hin zu mehr Platz antworten Einrichtungsexperten zuallererst mit dem Verweis auf den garantiert günstigsten und einfachsten Weg: Ausmisten ist aller Raumlösung Anfang.
Kristina Pezzei
53 m²
Schmökern in der Speisekammer DER TAGESSPIEGEL 15.09.2018
Kleine Wohnungen ganz groß
Anja Ring kann kleine Wohnungen größer machen – mit dieser Gabe hat sie in Berlin ihre Nische gefunden
Familie Thieß hat viele Monate nach einer Wohnung in Berlin gesucht – erfolglos. Meist war die Miete zu teuer oder die Wohnung zu weit außerhalb gelegen. Derzeit wohnen die Eltern mit zwei kleinen Kindern in einer 85 Quadratmeter großen Wohnung in der Nähe des Kurfürstendamms. „Eigentlich ist die Wohnung sehr schön und die Lage ist optimal“, sagt Annette Thieß. Wieso also viel Geld in einen Umzug stecken und mehr Miete für eine Wohnung zahlen, die nicht hundertprozentig passt, dachten sich Annette Thieß und ihr Ehemann. „Das gesparte Geld wollten wir lieber dafür nutzen, unsere derzeitige Wohnung unseren jetzigen Lebensverhältnissen anzupassen“, sagt Thieß. Vor einem Jahr kam Sohn Kaspar zur Welt. Momentan schläft er noch bei den Eltern im Schlafzimmer. „Um für unsere beiden Jungs das Älterwerden in unserer kleinen Wohnung möglichst angenehm zu gestalten, musste etwas passieren“ – die Familie kontaktierte Architektin Anja Ring.Ring ist Einrichtungsberaterin und hat sich auf die Gestaltung kleiner Wohnräume…
Anja Ring ist selbst in einem Raum mit acht Quadratmetern groß geworden; sie schätzt, dass ihr Verständnis für Raumnutzung daher rührt. Ring hat in Weimar Architektur studiert und viele Jahre als Einrichtungsberaterin bei einem großen schwedischen Möbelhaus gearbeitet. „In dieser Zeit kam ich häufig in Kontakt mit schwierigen Grundrissen – zum Beispiel einem 2,5 mal 2,5 Meter großen Raum mit Dachschräge, der zum Elternschlafzimmer werden sollte.“ Kurzerhand zückte Ring Stift und Papier und schlug den Eltern stattdessen eine Wohn-Schlaf-höhle für die zwei Töchter vor, für die ein Schlafzimmer mit Zelt, Kommode und Spiegel aus dem schwierigen Raum entstand. „In meiner Zeit bei Ikea habe ich gelernt, auf die Wünsche des Kunden einzugehen und die richtigen Fragen zu stellen.“
Die richtigen Fragen stellen muss die Architektin vor allem auch jetzt als Freiberuflerin. Nachdem der Kunde Ring kontaktiert hat, stattet sie diesem einen Hausbesuch ab, um sich die räumlichen Gegebenheiten anzuschauen und um mit dem Kunden über die Wünsche und Ziele zu sprechen. „In der Regel brauchen wir bis zu drei Stunden, um ein neues Wohnkonzept aus dem kleinen Wohnraum zu entwickeln“, so die Architektin. Sie berechnet derzeit einen Stundensatz von 65 Euro. „Wenn ich den Grundriss der Wohnung habe, zeichne ich auf einem Transparentpapier meine Vorschläge für die Umgestaltung auf“, sagt Ring, „ich laufe gerne durch die Räume und rücke Möbel dadurch entsteht häufig etwas ganz Neues.“ Manchmal müssten die Räume einfach getauscht werden – sodass aus dem großen Wohnzimmer ein neues, großes Kinderzimmer für den Nachwuchs wird. Das war auch bei Familie Thieß der Fall. Das Kinderzimmer für die beiden Jungs war zu klein – das Spielzeug lag in der ganzen Wohnung verteilt, die Kinder hielten sich hauptsächlich im Wohnzimmer auf. Ring tauschte Kinder- und Wohnzimmer miteinander, um mehr Platz zu schaffen.
Sohn Kaspar soll bald mit seinem älteren Bruder in das große, neu geschaffene Spielzimmer ziehen. Der Schlafbereich der Kinder ist durch ein Regal vom Spielbereich getrennt, in der Mitte des Raumes steht ein Sofa, auf dem die Eltern gemeinsam mit den Kindern spielen können. „Nebenan liegt das neue, kleinere Wohnzimmer. Hier haben die Eltern abends die Möglichkeit, sich zurückzuziehen – ganz ohne störendes Spielzeug“, erklärt die Architektin.
Um kleine Räume größer wirken zu lassen, könne man beispielsweise einen Spiegel aufstellen, der Licht und Raum widerspiegelt. Ring rät außerdem, lieber einmal etwas Geld in ein besonderes Möbelstück zu investieren – zum Beispiel eine Fensterbank, die Ruhe und Stauraum zugleich spendet.
Meist nutzt Ring jedoch die schon vorhandenen Möbelstücke – so könne aus einem offenen Regal im Eingangsbereich ein Raumtrenner im Schlafzimmer werden. „Meine Arbeit ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch effektiv, spart Zeit und Geld“, kommentiert Ring.
Die Architektin schafft in den Zimmern einzelne Bereiche, die klar voneinander getrennt strukturiert sind. „Ich achte bei meiner Arbeit vor allem auf die Wege und Strukturen – die Wohnzimmerecke wird zum Beispiel mit einem großen Teppich markiert, in einer anderen Ecke des Raumes ist der Arbeitsbereich, dazwischen ist genug Platz zum Laufen“, erläutert die Raumgestalterin.
Am wichtigsten für kleine Wohnungen seien Ruheoasen. „Es kommt vor, dass mich fünfköpfige Familien kontaktieren, die in einer dreiräumigen Wohnung leben“, so die Raumgestalterin, „in einem Fall hat eine Mutter mit ihrer Tochter in einem Zimmer gewohnt.“ Die Mutter habe sich allerdings einen Rückzugsort gewünscht. Ring entwickelte daraufhin einen Bereich in der Vorratskammer der Küche, der durch die Umgestaltung zu einem eigenen kleinen Raum wurde.
„Durch meinen Job bei Ikea kenne ich die Möbel und deren Möglichkeiten sehr gut“, erzählt Ring, „da kann ich häufig spezifische Tipps für schwierige Nischen geben.“ Die gezeichneten Vorschläge erhält der Kunde nach dem Beratungsgespräch — Anja Ring stellt gegebenenfalls noch einen Kontakt zu Handwerkern her.
Mit ihrem Konzept ist sie in Berlin nach eigenen Angaben derzeit die Einzige. Dabei sei gut genutzter Wohnraum sehr gefragt und die Großstadt sei architektonisch spannend – die typischen hohen Wände in Berlin bieten der Architektin immer wieder Spielraum für Stauraum. „Hier bietet sich häufig die Möglichkeit, einen zweiten Boden einzuziehen und ein Bett beispielsweise nach oben zu verlagern.“ So werden kleine Wohnungen plötzlich ganz groß. “
Lisa Splanemann
Kleine Wohnung ganz groß HIMBEER 6/7 2018
Eine Berliner Zweizimmerwohnung wird mit Nachwuchs schnell zu klein. Wenn Umziehen oder Anbauen keine Lösung sind, muss man auf unkonventionelle Ideen zurückgreifen. Die hat Architektin Anja Ring. Lange hat sie bei einem großen schwedischen Möbelkaufhaus als Einrichtungsberaterin gearbeitet und sich nun mit ihrer Expertise in Sachen Platzersparnis und cleverem Wohndesign selbständig gemacht. Mit ihrem Projekt „Kleine Wohnung ganz groß“ möchte sie vor allem Familien ermöglichen, bei begrenztem Raum Klarheit und Harmonie zu erhalten, ohne Bedürfnisse aufgeben zu müssen. Dazu werden Konventionen in Frage gestellt, Wohnräume umfunktioniert und das passende Mobiliar besorgt. Mit der richtigen Strukturierung passt alles in eine kleine Wohnung.
Frischekur fürs Wohnzimmer BERLINER MORGENPOST 27.01.2007
Grau ist der Himmel, und grau kommt mir meine Wohnung vor. Ob es am trüben Winterlicht liegt? Oder an den zusammen gewürfelten Möbelstücken, die zwar Jahrzehnte überdauert haben und mit Liebe ausgesucht sind. Denen man aber leider auch ihre Vergangenheit ansieht: Hier fehlt der Lack, dort ist der Stoff ein bisschen dünn.
Gegen die Tristesse habe ich mir schon einen Teppich angeschafft. Ein Leuchtfeuer aus roter Wolle fürs Wohnzimmer, das Akzente setzen soll. Doch es hilft nicht: Jetzt strahlt der Boden, und alles andere – das Sofa, die Stühle, selbst die weiße Wand – wirkt müde. Hilfe, bitte!
Die Hilfe naht in Gestalt von Anja Ring. Ein Tipp hat mich auf die professionelle Wohn- und Farbberaterin aus Berlin gebracht, die ihre Ideen und Erfahrungen als diplomierte Ingenieurin für Architektur seit 2005 weitergibt. Jetzt sitzt sie auf meinem angegrauten Sofa und schaut sich kritisch um. Ein komisches Gefühl…
Anja Ring sieht das anders. Meine Wahl harmoniert nämlich gar nicht. „Der rote Teppich spielt in Bläuliche, das orange Kissen hat einen gelben Grundton“, erklärt die Farbenkennerin. Stattdessen empfiehlt sie Kissen in Violett und Weinrot – zwei Farben, die ebenfalls ins Bläuliche tendieren, die ich mir in meiner Wohnung nur überhaupt nicht vorstellen kann. Bis Anja Ring zur Farbkarte greift und zeigt, wie wunderbar beides mit dem roten Wollteppich zusammengeht.
In den nächsten zwei Stunden lerne ich einiges. Zum Beispiel, dass ich dringend aufräumen muss und nicht jede freie Fläche automatisch zur Ablage umfunktionieren darf. Für die Bücher empfiehlt die Fachfrau statt vieler kleiner Regale ein einziges: „Raumhoch und am besten hinter dem Sofa, weil die Wand dort wenig prominent ist.“ Dann gibt sie noch einen wichtigen Tipp. So soll ich im unteren Teil des Regals eine Reihe frei von Büchern lassen und stattdessen ein paar Bilder und vielleicht Vasen arrangieren. Das wirkt luftiger. Auch ein paar kleine Klemmlampen wären hilfreich, damit die Ecke nicht im Dunkeln versinkt. Womit wir beim wichtigsten Thema angelangt wären – der Beleuchtung im Wohnzimmer.
Diffuse Lichtquellen, wohin Anja Ring blickt. Nichts, was in dem hohen Zimmer atmosphärische Zonen schafft. Es fehlen kleine Lichtinseln, an denen man sich gern versammelt. Dabei ließe sich mit ein bisschen geschickter Regie viel machen.
Wir blättern in mitgebrachten Büchern und Prospekten und überlegen, was stilistisch in Frage käme. Ein teures Designerstück wie die Bogenlampe „Arco“ mit Marmorfuß aus den siebziger Jahren (Achille Castiglioni). Oder aber ein preiswertes Modell, das ich mir ungleich schneller leisten kann. Wichtig sei jedoch, dass es auch Lampen gibt, die das Licht konzentrieren. Etwa auf einen zusätzlichen Beistelltisch, der Sofa und Stühle optisch zusammenrückt. Sagt Anja Ring und blickt dabei auf das Chaos rund um den Fernseher, dem sie sofort ein Ende setzen würde: mit niedrigen, geschlossenen Schränken, die Klarheit schaffen: Weg mit den Büchern und Zeitschriften, her mit ein paar farblich passenden Accessoires. Dass auch der gelbe Papierstern nicht bleiben kann, ist schon klar. Anja Ring plädiert für eine große, auffallende Leuchte, die einen Akzent im Zimmer setzt. Und vielleicht sogar für eine farbige Wand – doch das möchte ich erst einmal in einer Zimmerecke ausprobieren, bevor ich später dann zur wandfüllenden Farbgestaltung übergehe.
C. Meixner